Ich bin doch unersetzlich …!

Es ist die Zeit, wo mancher Politiker darüber nachsinnt, ob er nochmals zu den Wahlen antreten soll oder nicht. Und nicht wenige der in die Jahre gekommenen Herren meinen, sie werden noch gebraucht.

Ich bin doch unentbehrlich. Ohne mich geht es nicht. Der Verein, die Firma, die Gemeinde brauchen mich noch. Ein schöner Gedanke. Tut meinem Selbstwert gut: Ich bin unentbehrlich. Ja, wo ich bin, da ist vorne. Und andere reden es mir auch noch ein: Auf dich kommt es an. Du machst den Unterschied. Ohne dich läuft nichts.

Also muss ich weitermachen. Weitermachen, damit die Welt nicht untergeht. Bloss, ist dem so? Oder nehmen wir uns viel zu wichtig? Meinen, die einzigen zu sein, welche die Materie verstehen, Erfahrungen haben, über die nötige Intelligenz verfügen und den Herausforderungen gewachsen sind. Welch eine Arroganz!

Klar, unserm Ego tut es gut, gebraucht zu werden. Ich bin gut. Man braucht mich. Ich bin jemand. Ich bin bedeutend. Man ist angewiesen auf mich. Ich bin unersetzlich.

Nur, der Glaube an die Unersetzbarkeit führt ins Unglück. Ich überfordere mich selber damit, weil die Kräfte nachlassen. Und verhindere, dass junge Menschen, neue Ideen, sich entfalten können. Das kann es nicht sein. Das Statement eines relativ jungen Nationalrates, der noch voll Power und guter Gesundheit ist, aber nicht noch einmal kandidieren will, ist mir eingefahren: „Der Friedhof ist voll von Menschen, die meinten, sie seien unersetzlich.“

Es ist naheliegend: Ich beschäftige mich notgedrungen mit meinem eigenen Rückzug. Muss anerkennen, dass meine Gesundheit nicht mehr das volle Engagement für den Tourismus zulässt. Als körperlich eingeschränkter Mensch muss ich dem Rechnung tragen. Ich muss und darf abbauen. Ich bin nicht unersetzlich.

Seit Jahren beschäftigt mich ein Gedicht des Humoristen Wilhelm Busch. Das ist derjenige, der auch die makaberen Kindergeschichten von Max und Moritz geschrieben hat. Ich kenne das Gedicht zu diesem Thema auswendig. Denn ich erkenne mich darin wieder:

„Wirklich, er war unentbehrlich!
Überall, wo was geschah
Zu dem Wohle der Gemeinde,
Er war tätig, er war da.

Ohne ihn war nichts zu machen,
Keine Stunde hatt‘ er frei.
Gestern, als sie ihn begruben,
War er richtig auch dabei.“

© Bild von Vernon Deck