Vertrauen?

«Die grösste Ehre, die man einem Menschen antun kann, ist die, dass man zu ihm Vertrauen hat.» Dieses Wort von Matthias Claudius scheint heute veraltet. «Vertrauen ist gut. Kontrolle ist besser» wird heute von manchen gelehrt. Misstrauen ist angesagt. Der andere, mein Nachbar, mein Mitarbeiter könnte ja auch so schlecht sein wie ich… Also traue niemandem. Bloss, bringt uns dies weiter? Blockiert Misstrauen nicht alle gute Energie? Hatte Mahatma Gandhi nicht recht wenn er behauptete: «Misstrauen ist ein Zeichen von Schwäche»?

Gäste schenken uns ihr Vertrauen. Sie rechnen damit, dass unsere Dienstleistungen in der Feriendestination Saas-Fee/Saastal stimmen. Unterkunft, Bahnen und Skischule haben sie gebucht im Vertrauen, dass alles perfekt ist, dem Versprochenen entspricht. Und wir vertrauen ihnen, dass sie unsere Appartements nicht demolieren, ihre Rechnungen bezahlen und uns ebenfalls freundlich begegnen. Aus diesem gegenseitigen Vertrauen entstehen gute Begegnungen, erfolgreiche Geschäfte, echte Freundschaften. Menschen mit Misstrauen zu begegnen ist von da her zerstörerisch. Forderungen wie: Der muss mein Vertrauen erst gewinnen, sind falsch. Vertrauen ist gegenseitig, wobei ich den ersten Schritt mache.

Beim neuen CEO der UBS, Ralph Hamerst, habe ich über Vertrauen Interessantes gelesen.: «Ich vertraue den Menschen von Anfang an, sie müssen mein Vertrauen nicht gewinnen. Ich gebe viel und erwarte keine Gegenleistung. Ich weiss, dass ich immer etwas zurück bekomme.» Sicherlich wird die christliche Prägung des neuen UBS-Mannes bei dieser Haltung sichtbar. Und dies finde ich gut so. Sie gefällt mir besser als die nachtragende Art nach einer Enttäuschung, dass das Vertrauen missbraucht sei und der andere dieses erst wieder gewinnen müsse. In Sachen Vertrauen gibt es kein Abwarten, sondern immer den ersten Schritt zu machen. Wer dazu nicht bereit ist, wird weder in Beziehungen noch beruflich erfolgreich sein. Und letztlich wohl ein verbitterter einsamer Mensch werden.

„Vertrauen ist Mut, und Treue ist Kraft.“
Marie von Ebner-Eschenbach