«Unser Ziegenkäse ist ein Naturprodukt, von Hand erstellt»

Einen Betrieb, wie die Alpe Hannig, zu bewirtschaften, ist sehr zeit- und kostenintensiv. Der jährliche Alpauftrieb sowie Alpabzug und das grosse Ziegenfest im August sind Besuchermagneten. Auch die Schaukäserei, dienstags gegen Voranmeldung, zieht viele Leute auf die Alpe Hannig oberhalb von Saas-Fee. So folkloristisch es wirken mag: Es steckt sehr viel Arbeit und persönliches Engagement dahinter. Betreiber Kurt Pfister gewährt Ihnen einen Blick hinter die Kulissen.

Herr Pfister, wie kamen Sie dazu, den Ziegenbetrieb auf der Hannigalp zu übernehmen? Dies ist eine spezielle Geschichte. Meine Frau und ich sind beide diplomierte Tierärzte. Wir verbringen schon seit vielen Jahren Ferien in Saas-Fee. Während eines Ferienaufenthaltes wurden wir angefragt, ob wir bereit wären, die nicht mehr bewirtschaftete Alpe Hannig zu übernehmen. Dies kam für uns eigentlich nicht in Frage, ich war zu jener Zeit als Professor an der Ludwig Maximilians Universität (LMU) in München tätig. Die Führung einer Ziegenalpe in Saas-Fee war mit meiner Tätigkeit als Ordentlicher Professor und Leiter eines Universitätsinstitutes in München allein schon zeitlich nicht kompatibel. Dennoch führten wir Sondierungsgespräche, kamen aber definitiv zum Schluss, nein.

Zurück in München – im September 2002 – erkundigten sich zwei Doktorandinnen nach Arbeitsmöglichkeiten auf einem Alpbetrieb. Bei der Gelegenheit erwähnte ich die Alpe Hannig. Sie waren von dieser Option begeistert, und so kamen wir dann doch zum Neuaufbau der Alpe Hannig. Der Betrieb begann mit 44 Milchziegen, heute sind es etwa doppelt so viele. Dieses Jahr sind Milchziegen von 12 Züchtern mit sieben verschiedene Rassen auf Alpe Hannig.

Wie muss man sich die Bewirtschaftung vorstellen? Im Schnitt betreuen zwei Personen während rund drei Monaten den Betrieb. Sie arbeiten hart, von 5:15 Uhr bis gegen 21:00 Uhr, sieben Tage pro Woche. Die Ziegen werden zwei Mal am Tag gemolken. Sie geben ein bis zwei Liter Milch pro Tag. Die produzierte Milch dient dem Alpteam zur Herstellung von besonders würzigem Käse, dem Ziegenbaron sowie von Frischkäse, Formaggini, Weiss-Schimmelkäse, Joghurt und auch Ziger. Die natürliche Herstellung durch Handarbeit bedeutet einen sehr beachtlichen Aufwand für das Alpteam, zumal es strenge Hygienevorschriften zu beachten gilt!

Verarbeiten Sie nach Rasse oder mischen Sie die Milch? Die Milch wird natürlich nicht in einen Topf gegossen. Sie wird je nach Produkt aufgeteilt, denn Frischkäse oder Jogurt müssen separat hergestellt werden. Aber die meiste Milch wird zusammengerührt, allein schon aus zeitlichen Gründen.

Letztes Jahr haben wir begonnen, spezifisch Käse aus der Milch von Pfauenziegen, einer vom Aussterben bedrohten Rasse, zu produzieren. Der besonders hohe Zeitaufwand – alles Handarbeit – macht den Käse entsprechend wertvoll. Der Betreiber eines Delikatessen-Käsestandes in Bern möchte dennoch gerne mehr davon.

Wo vertreiben Sie Ihre Produkte? In der unteren Hütte führen wir einen attraktiven Verkaufsladen für vorbeikommende Wanderer. In Saas-Fee und Saas-Almagell beliefern wir Restaurants und Hotelbetriebe. Donnerstags sind wir auf dem Markt in Saas-Fee mit einem Verkaufsstand präsent und haben auch in Bern ein entsprechendes Verkaufsnetzwerk aufgebaut.

Dies klingt nach einer rentablen Alpe. Im Moment ist es so, dass wirft Betrieb keinen Gewinn abwirft, so dass diverse Aufwendungen nach wie vor durch uns privat getragen werden. Im Zentrum stehen jedoch bei allen Beteiligten die Motivation und die Bereitschaft, sich für ein tolles und wertvolles Anliegen einzusetzen.

Wird die Alpe Hannig nur im Sommer genutzt? Die Nutzung beschränkt sich auf den Zeitraum, in dem die Ziegen auf den Alpweiden genügend Gras und Kräuter finden, also rund drei Monate.

Sie haben 2015 die Stiftung Alpe Hannig gegründet. Wie kamen Sie auf die Idee? Wir betreiben diesen Alpbetrieb seit 16 Jahren. Logischerweise stellt sich irgendwann die Frage nach der dem Fortbestand des Betriebes. Die Gemeinde Saas-Fee unterstützt uns grosszügig, wesentliche finanzielle Aufwendungen übernehmen aber meine Frau und ich privat. Im Hinblick auf die langfristige Erhaltung der Alpe Hannig gründeten wir im Jahr 2015 zusammen mit interessierten einheimischen Personen die öffentlich-rechtliche Stiftung Alpe Hannig. Der Stiftungsrat setzt sich aus Frau Heidi Supersaxo sowie den Herren Simon Bumann, Damian Supersaxo, Christian Andenmatten und mir zusammen.

Wie sehen die Zukunftsperspektiven von Alpe Hannig aus?  Im Hinblick auf die wirtschaftliche Weiterentwicklung von Alpe Hannig wurde ich gebeten, einen Projektantrag zur Sanierung der bestehenden Gebäude einschliesslich einer geringfügigen Erweiterung für agrotouristische Zwecke an den Kanton und Bund zu entwickeln und einzureichen. Diese im vergangenen Jahr an mich gestellte Anfrage erfolgte im Rahmen des Saastal Projekt zur regionalen Entwicklung Saastal.

Die kürzlich erfolgte positive Beurteilung dieses Projektantrages und die damit in Aussicht gestellte Finanzierung durch Kanton und Bund sind ausserordentlich erfreulich. Sie lassen hoffen, dass die zuständigen Stellen diesem im Grundsatz genehmigtem Projekt die entsprechende Umsetzung ermöglichen werden. Diese geplante Sanierung und geringfügige Erweiterung wird es möglich machen, dass der Alpbetrieb Alpe Hannig auch in Zukunft seinen festen Platz als Hersteller von gesunden, einheimischen Milchprodukten für die Feriengäste und Touristen von Saas Fee wird halten können.